Freitag, 28. Oktober 2022

Warren Buffett liebt den unterschätzten Mehrwert von Aktienrückkäufen

Aktienrückkaufprogramme werden nicht selten als "einfallslos und langweilig" kritisiert. Der Free Cashflow solle doch lieber im eigenen Unternehmen investiert werden, in die Entwicklung neuer Produkte oder in Firmenkäufe. Und diese Sichtweise hat durchaus etwas für sich, sofern das Unternehmen etwas Sinnvolles mit dem Geld anstellt.

Nicht selten werden aber Übernahmen getätigt, die sich dann als Rohrkrepierer erweisen und unter dem Strich das Geld der Aktionäre vernichten. Oder so teuer sind, dass sie in absehbarer Zeit eigentlich keine Rendite einfahren können. Abschreckende Beispiele gibt es zuhauf, wie die Time Warner Übernahme durch AOL, die Pleite von Rupert Murdochs News Corp. mit MySpace die gescheiterte Rover-Übernahme durch BMW oder Microsofts Übernahmeflop von Nokia, die dem Windows-Konzern Mitte 2015 mit -3,2 Mrd. USD den bis dahin größten Quartalsverlust seiner Geschichte einbrachte. Und der von GE-Ikone Jack Welch zusammengekaufte Gemischtwarenladen General Electric implodierte und machte den ehemals wertvollsten Konzern der Welt zum Pleitekandidaten - dem Börsenabsturz folgte der Rausschmiss aus dem Dow Jones Index, Verkäufe von zig Milliarden schweren Konzernsparten und nun die Aufspaltung des Rests in drei Unternehmen. Börsenlegende Peter Lynch nennt diese Katastrophenstrategie "Verdiversifizierung".

Wie man anhand dieser Beispiele sehen kann, fahren Aktionäre unter Umständen besser, wenn die liquiden Mittel des Unternehmens in die eigenen Aktien investiert werden, als irgendetwas Dummes mit dem Geld anzustellen. Doch auch Aktienrückkäufe sind kein Selbstgänger, die immer Mehrwert für Aktionäre schaffen. Es kommt eben drauf an...

Warren Buffett liebt Aktienrückkäufe - meistens

Value-Investor Warren Buffett ist ein großer Befürworter von Aktienrückkäufen, jedenfalls dann, wenn diese den gleichen Grundprinzipien folgen, die er bei seiner Anlagestrategie, dem Value Investing an den Tag legt.
»Keine andere Maßnahme nützt Aktionären so viel wie Aktienrückkäufe. Sofern das Unternehmen über ausreichend Liquidität für das operative Geschäft verfügt und die Aktie mit einem nennenswerten Abschlag auf den inneren Wert notiert - konservativ gerechnet.«
(Warren Buffett)
Die Rückkäufe müssen also für die Aktionäre einen Mehrwert generieren und das tun sie wenn die Aktien eine höhere Rendite aufweisen, als es Investitionen ins operative Geschäft (oder eine Übernahme eines anderen Unternehmens) täte. Und sie dürfen natürlich keine Probleme im Unternehmen verursachen, sie müssen also aus dem freien Cashflow bestritten werden können.
»Was zu einem bestimmten Preis klug ist, ist zu einem anderen dumm.«
(Warren Buffett)

Mehrwert durch Aktienrückkäufe

Seinen großen Mehrwert entwickelt ein Aktienrückkauf dann auf zweierlei Art. Zunächst erzeugt das Unternehmen durch seine Käufe selbst zusätzliche Nachfrage nach seinen Aktien, was sich tendenziell Kurs steigernd auswirkt. Und dann verringert sich durch den Aktienrückkauf die Anzahl der Anteile, auf die der Jahresüberschuss zu verteilen ist. Es steigt also der Gewinn je Aktie, auch wenn der Jahresüberschuss an sich gleich geblieben ist. Das wiederum erzeugt eine günstigere Bewertung hinsichtlich der wichtigen Kennzahlen, wie einem niedrigeren Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) und einer höheren Dividendenrendite, und macht die Aktien für Investoren dadurch noch attraktiver.

Attraktive Alternative zu Dividendenausschüttungen

Ein dritter Aspekt macht Aktienrückkäufe für Anleger auch deshalb interessant, weil die Gewinnausschüttung über Dividenden grundsätzlich versteuert werden muss. In Deutschland zurzeit pauschal mit 25 Prozent, bei ausländischen Werten mindestens mit der dortigen Quellensteuer (die dann in Deutschland auf die Steuerlast angerechnet werden kann). Aktienrückkäufe durch das Unternehmen sind für den Aktionär hingegen steuerfrei. Die führen in der Regel zu steigenden Aktienkursen aufgrund der höheren Nachfrage nach den Aktien und der besseren Bewertungsrelationen, weil sich der Unternehmensgewinn ja auf weniger Aktien verteilt. Da eine Besteuerung der Kursgewinne erst beim Verkauf der Aktien anfällt, hat man so zumindest den Vorteil, dass man die Steuern nicht sofort, sondern ggf. erst viele Jahre später zahlen muss. Und in dieser ganzen Zeit können diese gesparten Steuern für einen arbeiten und sich vermehren. Stichwort hierbei ist der Zinseszinseffekt (oder auch "Compounding").

Aus diesen Gründen sind Aktienrückkäufe daher nicht nur in den USA sondern auch zunehmend in Deutschland als ein geschätztes Mittel zur Steigerung des Shareholder Values anerkannt. Und so führt oft alleine schon die Ankündigung eines Aktienrückkaufprogramms zu steigenden Aktienkursen über einen Zeitraum von zwei Monaten bis hin zu zwei Jahren. Insbesondere bei kleinen und mittleren Unternehmen ist dieser Effekt zu beobachten.

Gerade bei den großen international aufgestellten US-Tech-Unternehmen wie Alphabet, Apple, Cisco Systems oder Microsoft verfügen inzwischen über zwei- oder gar dreistellige Milliardenbeträge, die sie an ihre Aktionäre zurückgeben können. Und da sie über weiterhin sehr hohe Cashflows verfügen, können sie sich das auch locker leisten, ohne den Schuldendienst oder ihre Investitionstätigkeit dafür einschränken zu müssen. Die Gewinne je Aktie werden also alleine aufgrund der massiven Aktienrückkäufe deutlich zulegen in den nächsten Jahren. Und die Nachfrage nach den betreffenden Aktien ebenso.

Eine deutliche Korrektur der Aktienkurse, wie wir sie seit Monaten erleben, stößt also auf großes Kaufinteresse bei den zurückkaufenden Unternehmen selbst und das dürfte immer wieder für eine Stabilisierung sorgen. Die großen US-Tech-Werte, die zuletzt die Börsenrallye maßgeblich angeführt haben, verfügen also über ein solides Sicherheitsnetz und kaufen bei niedrigeren Aktienkursen mit der gleichen Summe mehr eigene Aktien, wodurch sich die positiven Effekte auf Gewinn und Dividende je Aktie noch verstärken.

Was tun mit den zurückgekauften Aktien?

In Deutschland dürfen Unternehmen maximal 10 % der eigenen Aktien erwerben und diese dann im Bestand behalten. Wenn sie diese dann offiziell einziehen, also das Grundkapital um diese eigenen Aktien herabsetzen, können sie wiederum weitere 10 % des dann restlichen Grundkapitals erwerben. Das Einziehen ist nur eine Variante, was das Unternehmen mit seinen Aktien anstellen kann - und für Aktionäre die zumeist beste. Es kann die Aktien aber auch einfach im Bestand behalten, dann werden diese Aktien bei der Gewinnverteilung nicht berücksichtigt - der Gewinnanteil für die übrigen Aktionäre steigt dem entsprechend an. Oder sie werden als Akquisitionswährung eingesetzt, um einen Zukauf damit zu bezahlen, ohne neue Aktien ausgeben zu müssen. Auch dies kann eine sinnvolle Maßnahme sein, vor allem, wenn die Aktien zu niedrigeren Kursen zurückgekauft worden sind, als sie bei der Übernahme als Wert angesetzt werden. Des Weiteren können diese Aktien dazu verwendet werden, Mitarbeiter und/oder das Management mit Aktienoptionen zu bezahlen. Dies ist die vermutlich schlechteste und Wert verzehrendste Variante für die Aktionäre, weil dies zumeist mit deutlichen Abschlägen zum aktuellen Aktienkurs angeboten wird. Und wenn das Unternehmen die Aktien gerade erst selbst zu diesen Kursen gekauft hat, wird so Aktionärsvermögen zulasten der Angestellten vernichtet. Hier sollte man also genauer hinsehen, also sich immer mal wieder die Zahl der ausstehenden Aktien anschauen, und sich nicht alleine wegen des Etiketts Aktienrückkauf an der falschen Stelle freuen.
»Regel Nummer eins lautet: niemals Geld verlieren. Regel Nummer zwei lautet: vergiss nie Regel Nummer eins.«
(Warren Buffett)
Bei der Auswahl der richtigen Aktien für ein langfristiges Investment sollten Anleger also immer neben einer günstigen Bewertung und/oder einer attraktiven Dividendenrendite auch darauf achten, ob das Unternehmen ein Aktienrückkaufprogramm betreibt oder plant. Einerseits als zusätzlicher Kurstreiber, oder eben auch als zusätzliches Sicherheitsnetz bei einem Kursabsturz. Denn die Risiken sollte man bei jeder Anlage stets ganz fest im Blick haben, wie Börsenlegenden wie Warren Buffett und Benjamin Graham uns seit jeher lehren. Eine Lektion, die eine junge Generation von Aktienfans gerade auch lernen muss.

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