Donnerstag, 6. Oktober 2022

Kissigs Investor-Update Q3/22 mit Costco, Blackstone, Vermilion Energy, Energiekontor, KKR, Danaher, clearvise, Thermo Fisher, Hercules Capital, FS KKR Capital, PNE

Mein Investor-Update zum Ende des 3. Quartals '22

In meinen Investor-Updates blicke ich jeweils zum Ende eines Quartals auf die vergangenen Monate zurück und präsentiere die Top-Werte meines Investmentdepots; es ist in gewisser Weise mein persönliches 13F. Des Weiteren beschäftige ich mich gegebenenfalls auch mal mit Unternehmen, die ich hier im Blog noch nicht vorgestellt habe, die jedoch bereits den Weg in mein Depot gefunden haben.

"Investor-Update reloaded" - Ausgabe 17

Meine Investor-Updates zum Quartalsende machen mir jedes Mal viel Arbeit, aber auch eine Menge Spaß, wie ich gerne zugebe. Und sie sind für mich auch immer ein willkommener Anlass, die letzten drei Monate Revue passieren zu lassen.

Ich fahre einen gemischten Bottom-Up-Top-Down-Ansatz, bei dem ich einerseits auf makroökonomische Trends setze, andererseits mir innerhalb dieser Trends dann die am besten positionierten und/oder bewerteten Unternehmen herauspicke.

Tendenzielle mittel- und langfristige Profiteure sind Unternehmen aus den Bereichen Cloud-Computing, Green Energy/ Dekarbonisierung, Digital Payments/ Fintech, Software-as-a-Service (SaaS), (Netz-) Infrastruktur, Cyber-Security, Medizintechnik und dort liegt auch der grundsätzliche Schwerpunkt meiner Depotausrichtung. Zukunftsträchtig sind, spätestens seit Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine, leider auch wieder Rüstungskonzerne geworden zusammen mit Luft- und Raumfahrt.

Ich bin gerne voll investiert, weil nach meiner Erfahrung sich eine hohe Cashquote nur in der Theorie auszahlt (für günstige Nachkäufe), in der Praxis aber auf lange Sicht Rendite kostet (weil man die Nachkaufchancen dann doch nicht nutzt und somit Geld unnötig unrentabel auf dem Konto verschimmelt). Dem entsprechend habe ich die Abstürze 2018 und 2020, aber auch die anschließende Erholungsrallye voll mitgemacht. 2022 steht die - mögliche - Erholung noch aus.

»Ich halte niemals Barmittel, denn Barmittel aufzubauen würde bedeuten, aus dem Markt auszusteigen. Meine Vorstellung ist es, für immer im Markt zu bleiben und Aktien abhängig von der fundamentalen Lage umzuschichten.«
(Peter Lynch)

Dabei verschieben sich die Parameter in diesem Jahr in atemberaubender Geschwindigkeit und in unterschiedliche Richtungen, dass man kaum folgen kann. Meine Versuche, mein Depot an die neuen Herausforderungen anzupassen, sind nicht immer gelungen. Doch ich bemühe mich vor allem, die zunehmenden Risiken im Blick zu behalten und erst in zweiter Linie an Chancen zu denken.

▶ Zur Marktlage

Das 3. Quartal liegt hinter uns und es endete in einem mehrtägigen panikartigen Sell-off. Der September, ohnehin der statistisch schlechteste Börsenmonat, machte seinem miesen Ruf alle Ehre und war für den S&P 500 gar der schlechteste Börsenmonat seit dem März 2020, dem Hochpunkt der Corona-Panik. Wer Interesse hat, wie es den Börsen, meinem Depot und meinen Wikis in den drei vergangenen Monaten ergangen ist, findet die Antworten in meinen monatlichen Performance-Updates.


Auch dieses Investor-Update steht noch einmal maßgeblich unter dem Einfluss der Corona-Pandemie, die uns alle, die Bürger, die Unternehmen und die Börsen vor große Herausforderungen stellt. Das größte Problem ist zurzeit wohl die schwindende Angst vor der Pandemie, weil die neueren Virusvarianten sich durchsetzen und mildere Verläufe auslösen mit weniger Toten. Daher schwindet die Akzeptanz von Anti-Corona-Maßnahmen in der Bevölkerung. "Genug gelitten" ist die Einstellung, aber so funktioniert es leider nicht. Die Erfahrung aus 2021 zeigt, dass die neue große Sorglosigkeit die Inzidenzzahlen bald wieder in die Höhe katapultieren wird und auch die Todesfallzahlen steigen werden, sobald die Krankenhäuser wieder überlastet sind. BioNTech und Moderna haben angepasste Wirkstoffe bereit, die den neuen Virusvarianten besser zu Leibe rücken sollen. Aber sie erzielen nur eine durchschlagende Wirkung, wenn sich wieder weite Teile der Bevölkerung impfen lassen. Daran habe ich jedoch meine Zweifel. Aber nicht daran, dass ich mich impfen lasse, sobald die neuen Wirkstoffe verfügbar sind! BioNTech könnte im Spätherbst/Winter zu einem der aussichtsreichsten Aktien avancieren, je nachdem, ob und wie stark die Impfkampagne ausfällt.

Aktuell herrscht weiterhin maximale Unsicherheit über die künftige Börsenentwicklung; es gibt so viele einzelne Einflussfaktoren, die alle für sich und auch gemeinsam das Zeug haben, die Börsen maßgeblich in die eine oder andere Richtung zu treiben, so dass man kaum prognostizieren kann, welcher wohl der entscheidende sein wird. Die galoppierende Inflation und die Zinswende dominieren die Börsenentwicklung, denn sie strangulieren die Konjunktur. Inzwischen kippt auch der bisher robuste Immobilienmarkt, was die Inflation kräftig ausbremsen sollte. Weitere Einflussfaktoren sinken ebenfalls und das schon seit Wochen: Energiepreise, Nahrungsmittelpreise, Rohstoffe. Möglicherweise haben wir bereits "Peak Inflation" hinter uns (aber die Hoffnung äußerte ich schon vor drei Monaten)...

Stock-Picking bleibt der Schlüssel zum nachhaltigen Börsenerfolg. Jedenfalls in meiner Welt jenseits der ETFs, Edelmetalle und Kryptowährungen - aber auch diese Assetklassen haben sich ja nicht gerade als Alternativen oder sichere Häfen für den Bärenmarkt erwiesen. Also konzentriere ich mich lieber auf die Unternehmen, nicht auf ihren Aktienkurs oder gar den Gesamtmarkt. Oder wie Warren Buffett es ausdrückte: Man sollte lieber auf das Spielfeld achten und nicht so sehr auf die Anzeigentafel.

Dennoch werfe ich jetzt mal einen Blick auf meine persönliche Anzeigentafel: In den letzten Wochen hat sich mein Depot nicht ganz so gut geschlagen, da insbesondere meine hoch gewichteten Energiewerte Federn gelassen haben; große Umwälzungen habe ich nicht vorgenommen, denn mit meinen Depotschwergewichten fühlte und fühle ich mich grundsätzlich weiterhin wohl. Die meisten Top-Werte sind alte Bekannte, aber an der Gewichtung hat sich einiges verändert.

▶ Mein Investmentdepot

Investmentdepot inkl. Cash per 30.09.2022
Ich folge dem Ansatz des Focus Investing und setze nur auf die besten Unternehmen. Des Weiteren halte ich eine signifikante Cash-Quote für renditevernichtend und bin damit stets zu mehr als 95% investiert (bezogen auf mein Investmentkapital).

Dabei setze ich vor allem auf ausgesuchte Qualitätsunternehmen mit breitem ökonomischen Burggraben und das führt zu soliden und meistens überdurchschnittlichen Ergebnissen.

Neben den Quality Investments liegt mein Interessenschwerpunkt weiterhin auf Deutschen Nebenwerten und abgerundet wird das Ganze mit einigen aussichtsreichen Turnaround-Spekulationen. Wenngleich mit den "heißen Wetten" natürlich größere Kursgewinne eingefahren werden können, jedenfalls für eine gewisse Zeit und durch ein viel höheres Risiko erkauft. Daher nehmen solche spekulativeren Werte nur kleine Positionen in meinem Depot ein; dazu zählen Turnaround-Spekulationen wie auch potenzielle Tenbagger - für beide braucht man viel Geduld.

Nun aber zu den wesentlichen Veränderungen in meinem Investmentportfolio: Ende September waren die größten Positionen Costco, Blackstone, Vermilion Energy, KKR, Energiekontor, Danaher, clearvise, Thermo Fisher, Hercules Capital, FS KKR Capital. Damit gibt es erneut nur drei neue Werte in meiner Top 10, aber einige Verschiebungen bei der Gewichtung.

Die Gewichtung meiner Top 10-Werte hat sich etwas reduziert; sie liegt nun bei 60 % nach zuvor 70 % und bei den Top 5-Werten sind es 37,5 % gegenüber zuvor 47 %. Dennoch ist mein Depot nicht weniger stark fokussiert, denn ich habe in manchen Branchen "Cluster" gebildet und meine Investments auf die zwei oder drei aussichtsreichsten und am besten positionierten Unternehmen verteilt.

Noch kurz vorab: Ende März hatte ich eine "Versicherung" gekauft, einen endlos laufenden DAX-Knock-Out-Put von der Citibank, der es mit einer Gewichtung von 5,18 % eigentlich auf Platz 5 im Depot geschafft hätte (Citi TurboBear OpenEnd DAX, Basis 15.967, WKN: KE9F7S). Wie damals berichtet, war das eine vorübergehende Maßnahme und kein grundsätzlich negative Einstellung gegenüber Unternehmen und Aktien. Ich habe den Put auch nach kurzer Zeit mit Gewinn verkauft - den September habe ich ohne Put durchgestanden und wäre mit ihm wohl wesentlich besser gefahren.

Costco Wholesale ist weiterhin meine größte Depotposition. Das Unternehmen erweist sich mit seinem fast einzigartigen Geschäftsmodell als weitestgehend resilient in jeder Lebenslage und bleibt der Top-Pick im Einzelhandel - online wie offline. Zuletzt hatte ich Anfang September ausführlich über das Unternehmen berichtet und an meiner positiven Einschätzung hat sich seitdem nichts verändert.

Cluster: Alternative Asset Manager

Alternative Asset Manager stehen bei mir weiter hoch im Kurs. Blackstone behauptet Platz 2 und KKR konnte sich auf Platz 4 im Depot hochhieven, nachdem ich meine Position etwas aufgestockt habe. Beide zusammen bringen es auf knapp 16 % Depotgewichtung. Das ist hoch, liegt aber signifikant unter den 21 % aus dem 2. Quartal, als ich auch noch Apollo Global Management höher gewichtet hatte. Diese Position habe ich zugunsten von BDC-Aufstockungen reduziert (v.a. Ares Capital).

Ich rechne bei den Alternativen Asset Managern mit weiteren tollen operativen Ergebnissen: starkes Provisionsaufkommen, starke Mittelzuflüsse, starke Investitionen aber... niedrige Ergebnisse (je Aktie). Denn hier fließen die Kursverluste und schwächelnden Bewertungen voll mit ein, auch wenn sie nicht realisiert wurden und daher meiner Meinung nach nichts in der Gewinn- und Verlustrechnung zu suchen haben. Aber die internationalen Accountingstandards sehen etwas anderes vor.

Cluster: Energie

Auf Platz 3 vorgerückt ist Vermilion Energy, das nicht nur eine aussichtsreiche Wette auf hohe Energiepreise ist, sondern auch mein Hedge gegen die drohende Gasmangellage und die damit verbundenen katastrophalen Auswirkungen auf deutsche und europäische Unternehmen. Ich hatte in meinem September-Performance-Update schon das Wichtigste zu VET geschrieben, daher spare ich mir die Wiederholung.

Energiekontor fiel auf Platz 5 zurück und bildet mit clearvise und PNE einen weiteren Cluster. Neben dem Kursrückgang im gesamten Green Energy-Sektor lag der Rückgang bei Energiekontor auch einer Positionsreduzierung; die Mittel benötigte ich, um mich bei clearvise einzukaufen. Der Cluster meiner Green Energie-Stocks bringt es in meinem Depot auf eine Gewichtung von 13,75 % - und rechnet man Vermilion Energy noch mit ein, dann habe ich insgesamt 19 % im Energiesektor investiert.

Cluster: Medizintechnik

Die beiden MedTech-Unternehmen Danaher und Thermo Fisher habe ich schon länger parallel im Depot und beide im letzten Quartal aufgestockt. Daher tauchen nun beide in meiner Top 10 auf und bringen es zusammen auf annähernd 9,5 % Gewichtung.

Cluster: Business Development Companies

Ich halte Business Development Companies für Gewinner im anstehenden Zinserhöhungszyklus in den USA. Mein BDC-Cluster, bestehend aus Hercules CapitalFS KKR Capital und Ares Capital, bringt zusammen 12,5 % auf die Waage. Diese drei BDCs stufe ich besonders aussichtsreich ein und jedes liefert auf dem aktuellen Kursniveau eine zweistellige Dividendenrendite ab! Meine Analyse zu Ares Capital bin ich euch allerdings noch schuldig, mea culpa...
Und damit zum großen weißen Elefanten im Raum: Deutsche Nebenwerte habe ich kräftig ausgesiebt in den letzten Monaten und abseits des Green Energy-Sektors mein Engagement heruntergefahren. Dennoch habe ich auch noch Werte wie Nynomic, Netfonds, JDC Group, Ringmetall, Funkwerk im Depot und damit vor allem solche Unternehmen, die von den horrenden Energiepreisen wenig(er) getroffen werden.

Und auch bei einigen Tech- und/oder Quality-Schwergewichten bin ich weiter signifikant engagiert, wie MicrosoftBerkshire Hathaway, Starbucks, MondelezQualysIntuit. Aber keines dieser Unternehmen kommt aktuell auf ein Top 10-Gewicht, wobei selbst mein kleinster Depotwert immerhin 2,3 % auf die Waage bringt.

Mit dieser vergleichsweise defensiveren Ausrichtung im Depot fühle ich mich aktuell ganz wohl. Sollte der Inflationsdruck nachlassen und damit ebenso der Zinserhöhungsdruck, werden Wachstumsaktien wieder stärker in den Fokus der Börsen rücken und auch in meinem Depot eine höhere Gewichtung bekommen.

▶ Meine Wikifolios

Inzwischen können Anleger nun neben "Kissigs Quality Investments" und "Kissigs Nebenwerte Champions" auch in "Kissigs Turnaround-Spekulationen" investieren. In meinem Format "Performance-Update" halte ich euch jeweils zum Monatsende über die Entwicklung der Börsenindizes und meiner Wikis auf dem Laufenden oder ihr schaut einfach mal bei meinem Wikifolio-Profil rein.

▶ Meine Cash-Quote

Ich habe vor einiger Zeit (endlich) erkannt, dass eine hohe Cash-Quote langfristig mehr Rendite kostet, als wenn man annähernd voll investiert ist - auch wenn man dann bei Kursabstürzen voll aufs Brett kriegt. Man muss dann eben "nur" die Ruhe bewahren. Folgerichtig lag meine Cash-Quote Ende des Quartals bei mageren 2 %.

▶ Mein 'operativer Net Worth'

"Das Endergebnis aller Investitionen ist die Rendite" schrieb Value Investor Chuck Akre uns Anlegern ins Stammbuch. Ende September lag mein 'operativer Net Worth' bei -13,5 %. Während der heftige Auftaktverlust im 1. Quartal durch den starken März, meinen in absoluten Zahlen besten Börsenmonat aller Zeiten, weitgehend ausgeglichen wurde, gab es im 2. Quartal drei Verlustmonate, die das Depot tief ins Minus gedrückt haben; der Juni war (in absoluten Zahlen) mit Abstand mein schlechtester Börsenmonat aller Zeiten. Ihm schloss sich mit einem saustarken Juli mein - neuster - bester Börsenmonat aller Zeiten an, so dass meine Performance zwischenzeitlich sogar ins Plus schwappte. Im August ging es nach einem tollen Start letztlich doch ins Minus, aber im September gab es dann einen "richtigen Rutsch", so das ein neuster schlechtester Börsenmonat aller Zeiten einen Eintrag in mein Börsengeschichtsbuch bekam. Darauf hätte ich auch gern verzichten können. Das Quartal schloss insgesamt aber mit einem Plus von +2 % irgendwie doch noch ganz versöhnlich ab - und die ersten drei Oktoberbörsentage hatten es auch schon in sich, denn mein operativer Net Worth schoss dank stattlicher Kurszuwächse kräftig in die Höhe und liegt aktuell bei "nur noch" -7,25 %; er hat innerhalb von nur drei Tagen also beinahe die Hälfte der Verluste wieder aufgeholt und liegt nun wieder auf dem Niveau von Ende Januar. Volatilität in Reinkultur...

Anmerkung: Bei meinem 'Operativen Net Worth' ist zu berücksichtigen, dass in diesen Wert auch meine unternehmerischen Aktivitäten mit einfließen und es deshalb zu Abweichungen insbesondere gegenüber den Wikis kommen kann. So fließt z.B. die Performancegebühr für die erfolgreiche Entwicklung der Wikis aus diesen ab, aber in meinen 'operativen Net Worth' als Zufluss ein. Je besser die Wikis laufen und je mehr Geld in die Wikis investiert ist, desto größer ist dieser Effekt (in 2022 gab es da für mich nicht viel zu holen). Des Weiteren erzeugt die Inanspruchnahme des Wertpapierkredits ein Hebeleffekt (in beide Richtungen), der die Vergleichbarkeit zusätzlich einschränkt.

Meine angepeilte durchschnittliche Jahresperformance liegt bei 15 % und die werde ich in diesem Jahr wohl kaum noch erreichen können. In den letzten 8 Jahren habe ich 6 Jahre mit Renditen zwischen 22 % und 37 % abgeschlossen, während 2018 mir knapp 10 % Verlust einbrachte. Und 2022 toppt dies bisher. Würde sich der Trend fortsetzen, dass jedes vierte Jahr ein Einbruch stattfindet, während die drei anderen jeweils satte Gewinne einspielen, läge alles insgesamt sutsche auf Kurs mit einer durchschnittlichen Rendite deutlich über 15 % p.a. Nur... die drei guten Jahre muss man auch erstmal hinlegen. Und angesichts der aktuell stattfindenden Zeitenwende mit Globalisierungsrückschritten, neuer Blockbildung samt Rüstungswettrennen und einer Energiewende im Schnellvorlauf, um dem Klimawandel und der Energiemangelversorgung in Europa Herr zu werden, sowie der Wiederkehr von Inflation und Zinsen dürfte es wohl weniger "low hanging fruits" geben als in früheren Jahren, als die Notenbanken die Liquiditätsschleusen maximal geöffnet hatten.

Ich warne ja gerne vor dem Ankereffekt und auch die außergewöhnlich gute Performance der letzten Jahre stellt einen solchen Anker dar. Ich merke das bei mir selbst: Die Aussicht auf Jahresrenditen von 5 oder 7 % klingen enttäuschend, dabei sind dies die langjährigen Durchschnittsrenditen, die Aktien erzielt haben. Doch angesichts der überbordenden Ergebnisse zwischen 25 und 35 % in den letzten Jahren fühlt sich das mickrig an. "Komm mal klar!" muss ich mir dann selber zurufen, denn der Fehler liegt unzweifelhaft alleine in meiner zu hohen Erwartungshaltung, die unweigerlich in zu riskante Investments oder eher Spekulation führen wird, wenn ich mich nicht bewusst am Riemen reiße und die Realität niedriger (also normaler) Renditen für die nächsten Jahre akzeptiere. Nur dann habe ich eine Chance, meine durchschnittliche Zielrendite von 15 % pro Jahr zu erreichen, ohne auf waghalsige Spekulationen zu setzen und/oder mich aufs Glück verlassen zu müssen. "Gefahr erkannt, Gefahr gebannt", heißt es so schön. Und trotzdem wird das nicht einfach, denn in einer Hausse zahlen sich auch viele der weniger guten Ideen aus; die Geldflut durch die Notenbanken machte es möglich. Künftig wird das nicht mehr so sein und Überrenditen wird nur derjenige erzielen, der ein, vielleicht auch zwei Multibagger pickt und hoch gewichtet, die sein Depot insgesamt mitziehen. Dabei kommt es auf überdurchschnittlich attraktive Chance-Risiko-Verhältnisse an, um keinen Schiffbruch zu erleiden.

»Bullenmärkte steigen den Menschen zu Kopf. Wenn Sie eine Ente in einem Teich sind und der Teich aufgrund eines Regengusses ansteigt, steigen Sie in der Welt auf. Aber Sie denken, dass es an Ihnen liegt und nicht am Teich.«
(Charlie Munger)

Unbestritten, auch ich bin die letzten Jahre mit dem Pegelstand im Teich aufgestiegen. Aber ich hoffe, dass es nicht nur daran lag, sondern auch an meinem eigenen Können. Vielleicht war es aber auch nur Glück. Oder alles zusammen.

Mir macht mein Lieblingshobby noch immer viel Spaß und ich schreibe auch immer noch gerne darüber. Auch wenn ich inzwischen doch viel Arbeit in bezahlte Börsenartikel stecke und mir dabei meine Themen nicht immer so frei aussuchen kann, wie das früher der Fall war, als ich ausschließlich dieses Blog bespielt habe. Aber ich will mich nicht beschweren, sondern bin sogar dankbar, dass ich als "ungelernter" Schreiberling einen so tollen Job gefunden habe, der mir nach wie vor viel Freude bereitet.

So, nun muss ich aber langsam (oder lieber schnell!) wirklich das Ende finden. Geschafft. Ich bin - wie immer - gespannt auf eure Anmerkungen und eure Kritik zu meinem Quartalsbericht...

Möge die Rendite mit euch sein! ツ

Disclaimer: Die meisten der genannten Werte befinden sich auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wikifolio.

18 Kommentare:

  1. Nutzt du den Wertpapierkredit immer noch in gleicher Höhe? Bisher sollte sich der insgesamt eher negativ ausgewirkt haben oder?
    Aber jetzt reduzieren fällt auch schwer, weil man vom langfristigen Auf der Kurse überzeugt ist...

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    1. Ja, ich nehme den Wertpapierkredit weiterhin in Anspruch. Ende September mit dem Sell-off hat sich das nicht positiv ausgezahlt, Ende Juni sah das ausgeglichen aus.

      Grundsätzlich soll der WP-Kredit keine Dauerfinanzierung darstellen, sondern überwiegend eine Liquiditätsreserve. Ich habe Ende September aber durchaus das Volumen stärker ausgeschöpft und im Sell-off Aktien eingesammelt.

      Bei maximaler Ausnutzung des Kreditrahmens würde er 22 % meines Depotwerts (nach aktuellem Stand) ausmachen. Das ist schon eine große Sicherheitsmarge, selbst wenn man von "nur" 40 % Beleihungswert ausgeht. Die Zinsen von 3 % fallen natürlich quartalsweise an, aber die kann ich beinahe schon alleine aus den Einnahmen der Nettodividenden von Hercules Capital bestreiten - und meine HTGC-Position läge bei max. Auslastung bei 18,5 % des WP-Kreditvolumens. Unter diesem Aspekt würde ich damit 80 % des WP-Kredits zinslos bekommen (und da meine Aktien in einer GmbH liegen, kann ich die Kreditzinsen sogar 'absetzen').

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  2. Hallo Michael,

    Du hattest Hercules Capital 2019 komplett verkauft wegen des CEO Wechsels. Ist das neue Management aus deiner Sicht wieder gut besetzt?

    Viele Grüße
    Holger

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    1. Moin Holger,
      ich hatte mich bei Hercules Capital wegen des Verhalten des CEOs verabschiedet und weil nicht klar war, wie das Unternehmen künftig am Markt bestehen wird mit neuer Führung. Es hat sich gezeigt, dass sie ihr Geschäft weiterhin beherrschen und daher sehe ich auch keinen Hinderungsgrund mehr, hier engagiert zu sein.

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  3. Top, danke für die schnelle Antwort. BG Holger

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  4. Hallo Michael, du setzt ja mit Blackstone und KRR stark auf Asset Manager. Wie schätzt du Blackrock in diesem Bereich ein? Es wundert mich ein bisschen, dass Microsoft und Berkshire nicht in deinen Top10 sind.

    Vielen Dank für deine Arbeit!

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    1. BlackRock halte ich für sehr interessant und bin mir sicher, dass das Unternehmen in 5 Jahren sehr viel mehr wert sein wird als heute.

      In meinem Depot sind eine ganze Reihe von Werten zwischen 3 und 4,5% schwer, so dass die Reihenfolge auf den hinteren Plätzen der Top 10 relativ häufig wechselt. So hat es Microsoft in den ersten Oktobertagen bereits geschafft, kurzfristig in die Top 10 aufzusteigen, während Berkshire Hathaway knapp dahinter lag.

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  5. Hallo Michael, bei welchem Broker hast du den WP-Kredit denn? Danke dir!

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    1. Meine Aktien liegen alle in meiner GmbH und mit deren Depot bin ich Kunde bei der Commerzbank; daher habe ich dort auch den WP-Kredit.

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  6. Hi Michael,
    vielen Dank für den Einblick in deine Gedanken. In FS KKR Capital bin im Sommer auch eingestiegen, da ich die Perspektiven auch für sehr gut befinde.
    Wo ich auch investiert bin, ist die UeT AG. Am Dienstag ist wieder eine sehr viel versprechende Mitteilung vom 1. Halbjahr veröffentlicht worden. Es bestätigt sich mein Eindruck, dass UeT auf einen sehr guten Kurs ist!
    Viele Grüße
    Manuel

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    1. Bei UeT fehlt es weiterhin an einer validen Kapitalmarkkommunikation. Es ist sehr schwer einschätzbar, wie sich die Geschäfte entwickeln und wohin das Unternehmen wirklich steuert. Gerade den Einstieg von KKR würde ich doch bei einer so kleinen Klitsche mit den enormen Finanzproblemen in der Vergangenheit jetzt öffentlich groß ausschlachten, weil der KKR-Einstieg doch finanzielle Stabilität signalisiert. UeT bleibt weiterhin erheblich unter seinen Möglichkeiten und das in vielen Bereichen.

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  7. https://www.comdirect.de/kredit/wertpapierkredit.html
    5,25 % eff. Jahreszins

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  8. Hallo Michael,
    gestern kamen nachbörslich die Zaheln von FS KKR. Eine Deiner TOP 10. Wenn ich es richtig interpretiere, waren die Zahlen i.=. Der NII um 1ct über den Erwartungen und höher als im letzten Quartal. Der NAV ist zwar gefallen, wie DU aber in diesem Artikel oben schreibst ist das wohl auf die akt. niedrigen Kurse am Markt zurückzuführen und nicht soo relevant.

    Wie siehst Du das? Und damit hätte ich auch gleich einen Verbesserungsvorschlag ;):
    Wäre es Dir möglich und aus Deiner Sicht sinnvoll bei Deinen TOP10 zeitnah ein Investorupdate zu den Zahlen zu schreiben? Es würde mir - und sicher auch anderen - helfen die Zahlenwerke besser zu verstehen und zu interpretieren. Wir wollen ja alle dazulernen :).

    Vielen Dank für Deinen großartigen Blog
    Konrad

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  9. Guten Morgen Herr Kissig,

    es gab schon länger kein Update mehr zu Blackstone. Zum Q3 Ihres Investor Updates war Blockstone eines Ihrer größten Positionen. Neulich ist die Aktie wieder deutlich gestiegen und jetzt sie wieder um einiges gefallen. Wie schätzen Sie den Asset Manager aktuell ein? Warum taucht Blackstone nicht in ihren Quality Wikifolio auf?

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    1. Blackstone ist auch heute meine zweitgrößte Depotposition und an meiner Einschätzung, die ich oben im Artikel geäußert habe, hat sich nichts geändert. Ebenso wenig an den Rahmenbedingungen: heute wird die Grundlage für die künftigen (deutlich) höheren Ergebnisse gelegt.

      Der zweite von mir hoch gewichtete Alternative Asset Manager ist KKR und der ist auch im Wiki enthalten, während Blackstone dort fehlt. Einziger Grund: Im Wiki werden US-Dividenden nicht gutgeschrieben und da KKR deutlich geringere Dividenden auskehrt als Blackstone, habe ich mich im Wiki auf KKR beschränkt.

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  10. Hallo Michael,

    wie siehst du die Kapitelerhöhung bei Clearvise. Nutzt du als Aktionär das Bezugsangebot um aufzustocken?

    Viele Grüße
    Kai

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    1. Moin Kai,
      ich habe nicht wirklich Geld für weitere clearvise-Aktien; meine bescheidende Cashquote habe ich bereits für einen anderen Kauf bzw. Aufstockung verplant und meine Bezugsrechte habe ich sofort nach Einbuchung bestens verkauft (für ca. 7 Cent). Grundsätzlich halte ich clearvise aber für mittel- und langfristig sehr interessant und sehe auch die Kapitalerhöhung nicht negativ.

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  11. Konstantin28.02.23, 20:19

    FS KKR erhöht die Dividende auf 0,7 USD pro Quartal. Nicht schlecht! :)

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