Sonntag, 22. März 2020

General Electric und der neu entflammte Überlebenskampf

General Electric, Industrieikone und ehemals wertvollstes Unternehmen der Welt, ist seit Jahren im Sinkflug und steuerte auf die Pleite zu. Dann konnte man das Ruder herumreißen; unter dem neuen CEO Larry Culp begann eine Phase der Stabilisierung und ich wagte vor gut einem Jahr eine aussichtsreiche Turnaround-Spekulation. Doch die habe ich nun beendet, denn die Corona-Pandemie ändert die Spielregeln für die Wirtschaft, wobei angeschlagene Unternehmen mit schlechter Bilanzqualität, negativen Cashflows und hohe Schulden zu den Verlierern zählen werden - und nicht alle werden die Krise überstehen. Qualität sticht Renditechance und General Electric bleibt damit auf der Strecke...

Es gibt in den letzten Wochen und Monaten einige Einflüsse, die die eigentlich positive Entwicklung bei General Electric torpedieren.

Zunächst natürlich das Desaster bei Boeing mit der 737 Max und hinzu kommt die Corona-Krise, die die gesamte Luftfahrtindustrie gefährdet. Mit der Folge, dass immer mehr Flugzeuge stillstehen und Bestellungen storniert oder verschoben werden. GE als einer der größten Triebswerkshersteller der Welt wird hier massiv getroffen.

Zwischen Russland und der OPEC ist ein Öl-Krieg ausgebrochen, der den Ölpreis auf unter $20 (WTI) gedrückt hat und damit auf ein Niveau, das wir zuletzt nach den Anschlägen vom 11. September 2001 gesehen haben. Ölfeldausrüster Baker Hughes gehört mehrheitlich zu GE und war ein Teil des Tafelsilbers, das man möglichst hochpreisig veräußern wollte, um die horrende Verschuldung abzubauen - dieses Szenario dürfte auf längere Zeit passé sein und Baker Hughes vielleicht selbst Staatshilfen benötigen, um nicht in die Insolvenz zu schlittern.

Die Kraftwerkssparte leidet bei GE besonders und wird noch Jahre benötigen, bis sie den Turnaround geschafft hat. So CEO Larry Culp - vor dem Corona-Ausbruch. Nun steht die Wirtschaft still und wird einen heftigen Punch abbekommen. Daher ist wahrscheinlich, dass Unternehmen ihre ursprünglichen Pläne zum Bau neuer Kraftwerke erstmal auf Eis legen; uns auch später ist es denkbar, dass ein Umdenken stattfindet und man eher auf dezentrale Lösungen setzt aus dem Bereich der regenerativen Energien.

Das sollte dann der Windkraftsparte in die Hände spielen, denn GE ist auch einer der weltweit führenden Hersteller von Windkraftanlagen. Doch in nächster Zeit wird auch hier die Luft dünner, denn neue Windparks können momentan kaum noch errichtet werden, weil die Fertigung stillsteht und es keine/kaum Lagervorräte für Rotorblätter gibt.

General Electric steht also gleich mehrfach unter enormen Druck und der eingeschlagene aussichtsreiche Konsolidierungskurs ist zunehmend mit Fragezeichen zu versehen. Auch wenn ich nicht von einer Pleite von GE ausgehe, hat sich das Chance-Risiko-Verhältnis deutlich eingetrübt und ich ziehe hier lieber den Stecker. Ich bevorzuge solide aufgestellte Unternehmen, die von der Krise nicht allzu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden aufgrund ihrer guten finanziellen Ausstattung und Bilanzen und deren Geschäftsmodell sie eher zu mittel- und langfristigen Profiteuren der Krise macht.

Ich habe General Electric daher von meiner Beobachtungsliste gestrichen. Nach gut 14 Monaten ergibt sich ein Verlust von 3.25%, nachdem die Aktie zwischenzeitlich schon bei mehr als 40% im Plus stand.

Disclaimer
Ich habe General Electric daher von meiner Beobachtungsliste gestrichen.

6 Kommentare:

  1. ja, das Geld ist besser woanders aufgehoben .. hab auch mit Schmerzen ein Ende genommen. Schade, denn das Danaher Prinzip funktioniert, nachweislich!
    Nur unter diesen Voraussetzungen wie jetzt -> da stimmt das Risiko/Chance Verhältnis gar nicht mehr.

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  2. Ich werde ge behalten und weiter nachkaufende

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  3. Hohe Schulden und wegbrechende Einnahmen sind eine toxische Mischung, daher sehr gut nachvollziehbare Entscheidung!
    Natürlich könnte man immer noch weiter auf eine irgendwie geartete Rettung spekulieren, aber das ist m.E. jetzt eine ganz andere Nummer als bisher, als mit "der Larry wird schon wissen, was er tut" der Investmentcase mehr oder weniger beschrieben werden konnte. Nachdem das letzte verbliebene Juwel (Triebwerke) nun auch massive Probleme bekommt, wird es wirklich eng. Das ist jetzt nur noch was für gaaanz Hartgesottene & mit kleinen Summen...

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  4. Moin Moin Michael,

    was hat dich dazu bewegt,
    General Electric wieder auf die Beobachtungsliste zu nehmen?

    Schöne Gruß in meine alte Heimat Wedel
    Börge

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    1. Moin Börge,
      als der Corona-Absturz (der Wirtschaft) an Fahrt gewann, habe ich rigoros die Unternehmen ausgemustert, die erheblichen Schaden nehmen würden und/oder nicht solide (genug) aufgestellt waren hinsichtlich ihrer Bilanz und finanziellen Ausstattung. GE gehörte in jede dieser Kategorien. Allerdings folgten dann die Konjunktur- und Hilfsprogramme der Regierung und der Notenbank, so dass GE wieder eine Perspektive erhielt, seinen Gesundungs- und Turnaroundkurs wieder aufzunehmen. Es wird allerdings länger dauern und es wird auch nicht leichter, bis mein ursprünglicher Investmentcase (Turnaround-Spekulation) fliegt.

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