Montag, 13. November 2023

Kissigs Nebenwerte-Analyse zu Amadeus FiRe: Fachkräftemangel als Wachstumsmotor

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Artikel aus "Der Nebenwerte Investor" Ausgabe 15/2023 vom 24.10.2023

▶ In dieser Ausgabe: Mutares, Kontron, Amadeus FiRe, Energiekontor, Aumann, Talanx, SAF Holland, DWS


Amadeus FiRe: Fachkräftemangel als Wachstumsmotor

Amadeus FiRe ist ein spezialisierter Dienstleister für Zeitarbeit, Personalvermittlung und Interim Management. Der Schwerpunkt liegt auf Fach- und Führungskräften für den kaufmännischen und den IT-Bereich. Zusammen mit den konzerneigenen Fort- und Weiterbildungsinstituten bietet das Unternehmen Bewerbern, Mitarbeitern, Kunden sowie Schulungs- und Seminarteilnehmern ein ineinandergreifendes Dienstleistungsportfolio. Das Unternehmen ist im Bereich der Personaldienstleistungen mit über 20 Niederlassungen bundesweit vertreten und dadurch mit dem lokalen Kandidaten- und Arbeitsmarkt gut vertraut. Durch den Schwerpunkt auf Beratung und Vermittlung von Führungs- und Fachkräften im IT-Sektor gehört Amadeus FiRe zu den großen Profiteuren des zunehmenden Fachkräftemangels.

1990 wurde die FiRe GmbH von Günter Spahn mit weiteren Partnern gegründet. 1996 wurde die Amadeus GmbH übernommen, die dann 1999 als Amadeus AG an die Börse gebracht wurde. 2003 folgte dann die Fusion der Amadeus AG mit der FiRe AG zur heutigen Amadeus FiRe AG. Der Vorstand wird von Robert von Wülfing als Vorstandsvorsitzendem, Dennis Gerlitzki sowie Thomas Surwald geführt, seit sich der Gründer Günther Spahn 2008 aus dem Vorstand zurückzog.

Erfolgreiches Geschäftsmodell

Die Hauptsegmente der Amadeus FiRe AG sind die Personaldienstleistung und die Fort- und Weiterbildung. Dem Bereich Personaldienstleistungen ist die Zeitarbeit, die Personalvermittlung und das Interim- und Projektmanagement zugeordnet, während die Klienten im Bereich Accounting, IT-Services, Banking und Office bedient werden.

Das Unternehmen bietet Personaldienstleistungen im kaufmännischen und im IT-Bereich für Zeitarbeit, Personalvermittlung sowie Interim-Management. Die angebotenen Dienstleistungen werden eingeteilt in die Divisionen Accounting, Office, Financial Services und IT-Services.

Die Personaldienstleistung in der Division Accounting umfasst die Fachbereiche Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung, Finanz- und Bilanzbuchhaltung sowie Controlling und Reporting. Die Division Office umfasst die Bereiche Assistenz, Sekretariat, Empfang, das Personalwesen, aber auch Marketing, Werbung, Public Relations. In der Division Financial Services geht es um die Bereiche Transaction Banking, Corporate Finance, sowie Tätigkeiten im Segment Privat- und Geschäftskunden oder Versicherung und Vermögensverwaltung.

Die Personaldienstleistung in der Division IT-Services umfasst die Fachbereiche Support und User Help Desk, System- und Netzwerkadministration sowie Software- und Webentwicklung.

Die Ursprünge des Segments Beratung und Weiterbildung gehen auf die im Jahr 2001 eingegangene Beteiligung an der Steuer-Fachschule Dr. Endriss GmbH zurück. Zur Beratungstätigkeit gehört auch die Weiterbildung in internationaler Rechnungslegung und Steuern.

Ende 2019 wurde die COMCAVE GmbH zu 100 % übernommen, um das Weiterbildungs- und Umschulungsangebot zu erweitern, darunter auch das immer beliebter werdende Tele-Learning. So wurde das Kernkompetenzfeld als Personaldienstleister für IT-Berufe ausgebaut. Und im September 2020 sicherte man sich dann noch 100 % der Anteile an der GFN AG in Heidelberg. Mit der GFN, die besonders auf IT-Qualifikationen spezialisiert ist, erweiterte Amadeus FiRe seine Kompetenzen auf dem Markt der öffentlich geförderten Erwachsenenbildung.

Herausforderndes Jahr 2022

Das vergangene Geschäftsjahr verlief zuletzt nicht mehr ganz rund, trotzdem konnte es mit Zuwächsen beim Umsatz und operativen Ergebnis abgeschlossen werden.

Im Segment Personaldienstleistungen lag im Jahr 2022 das Ergebniswachstum mit 23 % deutlich über den ursprünglichen Erwartungen, wobei zeitgleich die Expansions- und Wachstumspläne erfolgreich umgesetzt werden konnten. Allerdings war das 4. Quartal aufgrund einer deutschlandweit außergewöhnlich hohen Krankheitswelle belastet. Hieraus resultierte eine einmalige Umsatz- und EBITA-Belastung von über 3 Mio. Euro im letzten Quartal.

Im Segment Weiterbildung hat sich die positive Entwicklung im 4. Quartal fortgesetzt, doch das Gesamtjahr war von einer schwachen Entwicklung mit einem Rückgang des Segmentergebnisses um 46 % gekennzeichnet.

Im Jahresverlauf konnten die Erfolge im Segment Personaldienstleistungen die unter Erwartung liegenden Ergebnisse im Segment Weiterbildung kompensieren. Schlussendlich wurde das Konzerngesamtziel, am Jahresende ein operatives Ergebnis von über 70 Mio. Euro zu erreichen, leicht verfehlt.

Schwierige Wirtschaftslage hält an

Die relevanten deutschen Personaldienstleistungs- und Weiterbildungsmärkte sind weiterhin von einem Mangel an Qualifikationen und Kompetenzen geprägt, die andererseits auf eine hohe Nachfrage nach personellen Ressourcen und Fachkräften stößt. Für die Amadeus FiRe Gruppe stellt dies ein grundsätzlich positives Geschäftsumfeld dar.

Als ausschließlich in Deutschland tätiges Dienstleistungsunternehmen wird die Amadeus FiRe AG von den Auswirkungen des Ukrainekriegs nur geringfügig direkt belastet. Gesamtwirtschaftliche Verwerfungen durch Sanktionen, erhöhte Rohstoffpreise oder gestörte Lieferketten bremsen zumindest indirekt durchaus, doch durch die sehr breite und branchenübergreifende Kundenbasis sowie den anhaltenden Nachfrageüberhang nach Fachkräften stuft das Management das Risiko eines signifikanten Einflusses weiterhin als eher gering ein.

Starker Geschäftsverlauf in 2023

Das laufende Jahr hatte mit einem starken Auftaktquartal begonnen und der Wachstumskurs setzte sich auch im 2. Quartal fort, vor allem dank des boomenden Weiterbildungsgeschäfts.

Das Segment Personaldienstleistungen entwickelte sich stabil. Während hier die Personalvermittlung ein neues Rekordquartal markieren konnte, zeigten sich die temporären Dienstleistungen Zeitarbeit und Interim Management leicht rückläufig gewesen. Insgesamt lag die Nachfrage der Unternehmen nach Fach- und Führungskräften weiter auf einem guten Niveau.

Der Umsatz stieg im 1. Halbjahr um 7,8 % auf 216,7 Mio. Euro, während sich das bereinigte operative Ergebnis (EBITA) um 10,3 % auf 32,9 Mio. Euro erhöhte. Unterm Strich blieben 19,9 Mio. Euro übrig nach 16,6 Mio. ein Jahr zuvor.

Folgerichtig bestätigte das Management die Gewinnprognose für das laufende Jahr, nach der das um Sondereffekte EBITA bei 73 bis 79 Mio. Euro erwartet wird nach 68 Mio. in 2022.

Ergänzung: Es läuft doch verhaltender als gedacht teilte das Unternehmen am 24. Oktober mit. Während der Bereich Weiterbildung sich besser entwickele, sei es beim Hauptumsatzträger Personaldienstleistungen andersherum. Daher peile man beim operativen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen auf den Firmenwert (EBITDA) jetzt ein Wachstum um 7 bis 9 % an, so dass lediglich der untere Bereich des zu Jahresbeginn prognostizierte Ergebniskorridors erreicht werde.

Nachhaltige Dividendenpolitik

Amadeus FiRe verfolgt eine stetige Ausschüttungspolitik und schüttet regelmäßig rund die Hälfte des erzielten Konzernergebnisses an die Aktionäre aus. Für das Geschäftsjahr 2022 gab es Mitte Mai 4,50 Euro je Aktie und die Dividendenrendite lag bei attraktiven 3,6 %. Für 2021 waren 3,04 Euro je Aktie ausgeschüttet worden und für 2020 verhältnismäßig niedrige 1,55 Euro.

Aktienrückkaufprogramm gestartet

Neben der Dividende dienen auch Aktienrückkäufe der Steigerung des Shareholder Values, sofern die Aktien zu einem attraktiven Kurs zurückgekauft werden. Ein Lichtblick in 2022 war der hohe Free Cashflow von rund 76,98 Mio. Euro. Zudem konnte Amadeus FiRe seine Nettofinanzverschuldung von 190,2 Mio. auf 76,9 Mio. Euro senken. Geld genug hat das Unternehmen also in seiner „Kriegskasse“.

Weniger erfreulich ist der Blick auf den Aktienkurs, denn liegt momentan nur knappe 10 % über seinem Stand vor fünf Jahren - und das trotz der zwischenzeitlich starken Entwicklung von Umsatz und Gewinn. Das Management von Amadeus FiRe erkennt hierin eine Unterbewertung der eigenen Aktien und so hat man beschlossen, den Amadeus FiRe-Aktionären ein öffentliches Rückkaufangebot für bis zu 285.903 Aktien bzw. 5 % des derzeitigen Grundkapitals der Gesellschaft zu unterbreiten. Der Angebotspreis je zum Rückkauf angebotener Amadeus FiRe-Aktie beträgt 112,50 Euro und die Annahmefrist für das Rückkaufangebot läuft bis zum 17.10.2023.

Ergänzung: Insgesamt wurden im Oktober 2023 von der Gesellschaft 285.903 eigene Aktien im Rahmen eines öffentlichen Aktienrückkaufangebots erworben. Der Vorstand hat am 06.11.2023 beschlossen, das Grundkapital der Gesellschaft von 5.718.060 Euro um 285.903 auf 5.432.157 Euro durch Einziehung von 285.903 auf den Inhaber lautenden Stückaktien herabzusetzen. Der Aufsichtsrat hat der Maßnahme am 07.11.2023 ebenfalls zugestimmt. Damit sinkt die Anzahl der auf den Inhaber lautenden Stückaktien um 5 % auf 5.432.157 Stück.

Bullcase vs. Bearcase

Im Corona-Jahr 2020 litt das Geschäft von Amadeus FiRe stark und 2021 erfolgte eine Überkompensation in die andere Richtung. Seit 2022 hat es sich eingependelt und das Unternehmen liefert starke Ergebnisse ab. Trotz oder gerade wegen der weiterhin herausfordernden Rahmenbedingungen.

Die Wirtschaft lahmt, die Bundesregierung hat ihre Wachstumsprognosen massiv gesenkt und die Unternehmen setzen Personal frei. Doch im IT-Sektor zeichnet sich eine andere Entwicklung ab, denn dort wirkt sich der Fachkräftemangel immer stärker aus. Die Themen Künstliche Intelligenz und Cyber-Sicherheit stehen ganz oben auf der Agenda der Unternehmen und hier kann Amadeus FiRe seine Stärken ausspielen bei Personalvermittlung und Weiterbildung.

Flüchtlinge aus der Ukraine sind aufgrund ihres vergleichbaren sozio-kulturellen Hintergrunds relativ einfach zu integrieren. Dem entsprechend sind bessere Ergebnisse bei der Fort- und Weiterbildung zu erwarten und für Absolventen stehen viele attraktive Arbeitsplätze zur Verfügung. Amadeus FiRe ist daher gesuchter Partner für die Arbeitsagenturen und Unternehmen gleichermaßen.

Die gefühlte Lage ist schlechter als es der Geschäftsverlauf hergibt und das belastet auch den Aktienkurs. Selbst mit Hilfe des Aktienrückkaufangebots konnte der Aktienkurs seit Ende Mai die Marke von 110 Euro nicht signifikant überwinden. Eine kursbelebende Wirkung ist also nicht zu verzeichnen, aber das dürfte beim Ergebnis je Aktie für 2023 schon anders aussehen, denn dieser wird sich auf eine deutlich verringerte Anzahl von Aktien verteilen und damit eine besonders starke Ergebnisverbesserung signalisieren. Bei einer sich in 2024 wieder verbessernden Konjunkturlage könnte der Aktienrückkauf dann mit verspäteter Wirkung seine Wirkung doch noch entfalten. Spätestens wenn die Anleger ihre Verunsicherung abschütteln und sich wieder mehr auf die operative Entwicklung fokussieren, sollte auch der Aktienkurs wieder positive Impulse liefern.

Die 4 wichtigsten Dinge, die man über Amadeus FiRe wissen muss

  1. Der Personaldienstleister kann in einem herausfordernden Umfeld mit soliden Ergebnissen und Ergebniswachstum punkten.
  2. Grundsätzlich spielt der Fachkräftemangel, insbesondere im IT-Sektor, Amadeus FiRe ebenso weiter in die Karten wie der wachsende Bedarf an berufsspezifischer Qualifikation.
  3. Das Aktienrückkaufprogramm auf dem vergleichsweise niedrigen Kursniveau erhöht den Shareholder Value, brachte dem Kurs aber zunächst keine Impulse.
  4. Der Aktienkurs leidet momentan unter der Stimmung, nicht unter der Geschäftslage. Verflüchtigt sich der Pessimismus, sollte das auch dem Kurs neuen Auftrieb verschaffen.
Disclaimer: Habe Amadeus FiRe auf meiner Beobachtungsliste und/oder im Depot/Wiki.

1 Kommentar:

  1. Amadeus ist schon seit jeher einer meiner Lieblingstitel! Anfang des Jahrtausends war ich sogar mal in der Situation dort gleichzeitig Arbeitnehmer und Eigentümer zu sein... :) Ich kann aus dem "Innenleben" tatsächlich nur von einer prima Firmenkultur berichten...

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