Charlie Munger rät, nach Festungen Ausschau zu halten und dabei geht es ihm nicht wirklich um Stahlbeton und Investments in Bau, Steine, Erden. Vielmehr haben es ihm die Markteintrittshürden angetan, der ökonomische Burggraben (Moat), den Wettbewerber zu überwinden haben - und auch die eigenen Kunden, sollten sie sich vom Unternehmen trennen wollen. Es geht also um Wettbewerbsvorteile von Marken und Produkten, um Unternehmen, die ihren Markt beherrschen und die somit die Preissetzungsmacht haben.
»Die beste Idee ist, eine Aktie als Eigentum an einem Unternehmen zu betrachten und die gleichbleibende Qualität seines Geschäfts anhand seines Wettbewerbsvorteils zu beurteilen.«(Charlie Munger)
Unternehmen mit diesen Eigenschaften haben den großen Vorteil, dass ihre Produkte nicht einfach kopiert werden, dass Wettbewerber mit aggressiven Preissenkungen ihnen nicht einfach Marktanteile abnehmen können. Im Gegenteil: Burggraben-Unternehmen können in schwierigem wirtschaftlichen Umfeld sogar ihre Preise erhöhen, ohne dass sie hierdurch Kunden verlieren. Weil sie eine Marke sind, die Marktmacht haben, ein Standing, weil sie ein Lebensgefühl vermitteln, dass den Kunden mehr bietet als ein Schnäppchenerlebnis in ihrer "Geiz-ist-geil-Mentalität".
»Ein wirklich großartiges Unternehmen muss einen dauerhaften Burggraben haben, der exzellente Erträge aus dem investierten Kapital beschützt.«(Warren Buffett)
Derartige wirtschaftliche Trutzburgen sind Unternehmen, deren Produkte oder Dienstleistungen
- in den Augen der Verbraucher konkurrenz- und alternativlos sind,
- benötigt und gewünscht werden,
- nicht übermäßig kapitalintensiv sind,
- nicht staatlich beaufsichtigt werden.
Ökonomische Burggräben können in vielen Formen auftreten; die vier gängigsten sind:
- PreissetzungsmachtHierunter fallen immaterielle Werte, wie z.B. Marken, Patente, Eintrittsbarrieren aufgrund staatlicher Regulierung und/oder Vorschriften. So kann Apple wegen seines Markenwerts für seine Produkte viel höhere Preise verlangen, oder Pharmaunternehmen genießen Schutz durch Patente auf ihre Wirkstoffe und extrem hohe Eintrittbeschränkungen durch die staatlichen Zulassungsvorschriften.
- Niedrige ProduktionskostenKann ein Unternehmen Produkte oder Dienstleistungen von gleicher oder besserer Qualität zu einem konstant niedrigeren Preis anbieten, ist es für Wettbewerber schwer, in den Markt einzudringen und Konsumenten von den eigenen Produkten zu überzeugen. Hohe Stückzahlen beim Einkauf führen zu Mengenrabatten und diese zu niedrigeren eigenen Verkaufspreisen. So haben sich Supermärkte wie Walmart gegen Tante Emma-Läden durchgesetzt und so punktet Amazon in vielen Märkten.
- Hohe WechselkostenWenn der Wechsel zu einem Wettbewerber hohe Kosten und/oder hohen Aufwand bedeutet, bindet dies Kunden an den Anbieter. Auch hier sei exemplarisch Apple genannt, hinter deren Produkten ein abgeschottetes Ökosystem steht. Wer mit seinem Smartphone, Tablet oder Computer zu einem anderen Anbieter wechselt, verliert den Zugang zu diesem Ökosystem; ggf. auch erworbene Inhalte, wie Musik, Ebooks, gestreamte Filme.
- NetzwerkeffekteMit jedem weiteren Nutzer einer Dienstleistung oder eines Produkts werden diese wertvoller, da sich ihr Nutzen erhöht. Wie bei den Sozialen Netzwerken Facebook oder Twitter, die interessanter werden, je mehr Menschen sich dort aktiv tummeln. Umgekehrt verleitet die hohe Zahl an aktiven Bekannten dazu, dem Netzwerk treu zu bleiben, weil man sich ohne dieses ggf. isoliert fühlt.
Weitere Beispiele für starke Moats sind Microsoft, die seit 30 Jahren mit Windows und Office zwei Produkte im Angebot haben, an denen sich so gut wie jeder Konkurrent die Zähne ausgebissen hat. Oder Alphabet, das mit Google den Suchmaschinenmarkt dominiert und quasi ein Monopol im Online-Werbeanzeigenmarkt einnimmt. Oder auch Amazon. Der Internetriese ist längst nicht mehr nur der dominierende Onlinehändler, sondern wird immer mehr zum Logistikkonzern und dringt in immer neue Geschäftsbereiche vor. "Disruption" ist das Zauberwort, Amazon verändert unsere Lebensweise und zerstört damit die Geschäftsmodelle ganzer Branchen. Ob mit den neuen Lebensmittellieferungen ("Amazon fresh") oder mittels des intelligenten Sprachassistenten "Alexa" oder mit dem weltweit erfolgreichsten Cloud-Angebot AWS, Amazon investiert seine Cashflows in immer neue Bereiche und wird dort zum Dominator. "Deine Marge ist meine Chance" ist Jeff Bezos' Credo. Und bisher ist niemand Amazon gewachsen, selbst der weltgrößte Einzelhandelsgigant Walmart kommt kaum hinterher...
»Wir versuchen, Unternehmen mit nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen zu einem günstigen oder zumindest fairen Preis zu kaufen.«(Charlie Munger)
Warren Buffett sucht, wie Munger, Unternehmen mit einem hohen "Goodwill", also einem starken Markennamen und einem quasi unantastbaren Geschäftsmodell. Deshalb hat er sich bei Coca Cola engagiert, bei See's Candies - und machte Apple zu seiner mit Abstand größten Position, trotz seiner Tech-Abneigung. Denn Apple verkauft nicht nur unglaublich teure Geräte, sondern hat es verstanden, sein eigenes Mikrokosmos zu bauen: iPhone, iPad, MacBook, die Apple Watch und auch der Streamingdienst lassen kaum Medien von außerhalb zu und wer Bücher oder Musik virtuell über iTunes erworben hat, kann diese nicht auf andere Geräte außerhalb der Apple-Welt verlagern. Damit hat Apple eine enorme Hürde aufgebaut und kann so seine Kunden im eigenen Ökosystem halten. Und dank des (noch immer) hohen Markenwerts von Apple, des enormen Images, sind die Kunden auch bisher bereit, viel höhere Preise zu bezahlen als bei der Konkurrenz. Diese langfristigen Kundenbeziehungen sind der Grund, weshalb Buffett auf Apple setzt. Buffett betrachtet Apple als Konsumwert, nicht als Technologieunternehmen.
»Der Schlüssel zum erfolgreichen Investieren liegt nicht in der Frage, wie sehr eine Industrie die Gesellschaft beeinflusst oder ob sie wachsen wird, sondern darin, herauszufinden ob ein bestimmtes Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil hat, und wenn ja, wie lange dieser anhalten wird.«(Warren Buffett)
Es ist also für Konkurrenten nicht so einfach, diesen ökonomischen Burggraben zu überwinden und in diese Festungen einzudringen. Durch ihre starke Marktstellung haben sie die Preissetzungsmacht und starke Kundenbindungen, die sie auch Krisenzeiten besser überstehen lassen. Und sie erzielen die attraktiveren Margen und damit die höheren Renditen. Die Kernelemente der Quality Investing Strategie.
(Charlie Munger)
Daher sind Charlie Munger und Warren Buffett auch bereit, für diesen Moat höhere Kaufpreises für ihre Investments zu akzeptieren, sofern der Burggraben auf absehbare Zeit gut zu verteidigen ist. Aber eben auch nicht zu hohe. Zur Not warten sie eben einfach ab, bis sich die richtige Gelegenheit zur Schnäppchenjagd ergibt.
»Die Zeit ist auf deiner Seite, wenn du Aktien von überlegenen Unternehmen besitzt.«(Peter Lynch)
Meine Lese-Tipps
▶ "Charlie Munger: Ich habe dem nichts mehr hinzuzufügen" von Tren Griffin
▶ "Das Tao des Charlie Munger" von David Clark
••• Überarbeite Fassung eines Artikels aus Februar 2012
Das Schöne ist, wenn man ein tolles Unternehmen gefunden hat und es zu teuer ist, dass es auf die Watchlist kommt. Diese wächst mit der Zeit an und irgendwann bekommt man die Gelegenheit, bei einem der Titel zuzuschlagen. Langweilig wird es nicht :)
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