Sonntag, 14. Mai 2023

Kissigs Kloogschieterei: Wann wird’s mal endlich wieder Hausse?

Die Notenbanken haben das Erwartete getan und ihre Leitzinsen angehoben; Fed und EZB erhöhten jeweils um weitere 0,25 %. Und vielleicht war’s das schon im gegenwärtigen Zinsanhebungszyklus, zumindest was die Amerikaner angeht, denn Energie und Rohstoffe haben sich bereits sehr kräftig verbilligt, während Mieten und Nahrungsmittel sich weiter hartnäckig verteuern. Doch auch hier schrumpfen die Zuwachsraten, so dass der Inflation insgesamt die Puste ausgeht, allerdings langsamer als erhofft.

Derweil läuft die Earnings Season und zwar so wie erwartet. Und eben auch nicht...

Zu erwarten war, dass die Unternehmensergebnisse im 1. Quartal gegenüber dem Vorjahr deutlich zurückgehen würden. Das ist in den meisten Fällen auch so. Aber überwiegen fielen die Ergebnisse nicht so schlecht aus, wie der Markt in seiner weisen Voraussicht trübsinnig erwartet hat. Die Folge ist, dass es reihenweise 'Beats' gibt, also Umsätze und Ergebnisse, die teilweise deutlich über den Prognosen liegen. Das sorgt für Verwirrung, ein bisschen jedenfalls.

Die Ergebnisse sind deutlich unter Vorjahresniveau, aber die Aktienkurse fallen nicht. Die Wirtschaftslage entwickelt sich aktuell noch abwärts, daher scheint eine Ausweitung der Bewertungen nicht angebracht. Auch deshalb ist die Short-Quote bei den Profiinvestoren so hoch wie selten zuvor. Doch Börsenaltmeister André Kostolany warnte schon, dass es meistens schief geht, wenn alle Spieler auf eine vermeintlich sichere Sache wetten würden. Also liegen die Profis falsch? Kann das sein? Ja, natürlich, wir erinnern uns an den Corona-Absturz und die enormen Verluste der Profis, während die Kleinanleger beherzt zugriffen und hohe Kursgewinne einfuhren.

Aber das ist Geschichte und Geschichte wiederholt sich nicht. Aber sie reimt sich, heißt es. Und so erinnert uns Star-Investor Ken Fisher vor wenigen Tagen daran, dass am Anfang eines neuen Bullenmarktes meistens eine krasse Fehleinschätzung vorlag:

»Es ist nichts Neues, dass Experten frühe Bullenmärkte als irrational abtun. Erinnern Sie sich an die Jahre 2009-2010, als eine "Entkopplung" zwischen Wall Street und Main Street zum Allgemeinwissen wurde. Falsch!«
(Ken Fisher, 2023)

Und nun? Nun warten wir ab. Als erfahrene Anleger wissen wir, dass Wirtschaftseinbrüche zu Kosteneinsparungen und Restrukturierungen bei den Unternehmen führen und diese bei sich bessernder Wirtschaftslage überdurchschnittlich stark abschneiden. Und wir wissen auch, dass die Börsen schon viele Monate vor der Wirtschaft die Richtung ändern.

Nach der Hausse ist vor der Hausse. Der längst überholte Börsenirrtum "Sell in may and go away" sollte uns Anleger nicht abschrecken und wir sollten lieber voll investiert in den Sommer gehen. Die Reise kann losgehen, denn nach der Hausse ist vor der Hausse…


P.S.:
Ob ich mit meinem Artikel vom Timing her wieder so richtig liege, wie auf dem Höhepunkt des Coronaeinbruchs am 29.03.2020 mit "Kissigs Kloogschieterei: Peak Corona oder wann wird's mal wieder richtig Hausse?" wird sich erst im Rückblick entscheiden. Gut möglich, dass ich mich diesbezüglich als 'One-Hit-Wonder' erweise... ツ

Aber die damals verwendete Börsenweisheit von Shelby Davis sollte uns auch heute die Richtung vorgeben:

»In einem fallenden Markt kannst du mehr Aktien großartiger Unternehmen zu günstigen Preisen kaufen. Wenn du weißt, was du tust, wirst du in diesen Zeiträumen das meiste Geld verdienen. Merken wirst du es aber erst viel später.«
(Shelby Davis)

Also los, zurück an die Arbeit, finden wir die großartigsten Unternehmen, die aktuell günstig zu kaufen sind...

Alles Gute für euer Geld!
Michael C. Kissig

3 Kommentare:

  1. Noch eine Ergänzung: Die Aktienkurse von Unternehmen, die besser als erwartet abgeschnitten haben, fallen sehr zuverlässig dieses Quartal. Obwohl sie schon vorher ausreichend korrigiert haben. Ausschlaggebend dafür ist meist die Eigen-Prognose (Forecast) der Firmen, die zurückhaltend ausfällt aufgrund der makroökonomischen Verhältnisse.

    Wahrscheinlich schreiben sie aber auch nur die Verhältnisse fort, so dass Überraschungen positiver Art nicht antizipiert werden. Ich denke auch, der Boden ist vorbereitet für steigende Kurse.

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  2. Hausse ? Die US-Schuldenobergrenze könnte zum Black Swan Ereignis werden.
    Viele Reiche Amerikaner sind mit den Politikern gut vernetzt.
    Ein kurzer flash crash von 15 - 20 % würde ihnen in die Hände spielen.
    Und dann kann die Hausse kommen :-)

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  3. Also über gute Ergebnisse in den letzten Monaten kann man sich als Stockpicker eigentlich nicht beschweren. Bei Versicherungen, US Haubauern, Supermärkten und Consumer Staples gab es hervorragende Ergebnisse und auch Aktienentwicklungen. Also eben genau das, was vor 1-2 Jahren niemand haben wollte.

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