Donnerstag, 7. Oktober 2021

Airbnb: Das kann ja wohl nur besser werden...

Bei Airbnb bin ich vor einigen Wochen eingestiegen, als die Temperaturen stiegen und der Kurs fiel. Ein Widerspruch!? Nicht unbedingt. Denn die global agierende Plattform zur Buchung und Vermietung von privaten Unterkünften wird zu den größten Profiteuren gehören, je stärker das Corona-Virus zurückgedrängt wird und wir wieder "normal" leben können. Dabei ist die bisherige (kurze) Börsengeschichte von Airbnb durch die Pandemie geprägt und stellt daher auch unter diesem Gesichtspunkt etwas Besonderes dar...

Der Börsengang im Dezember 2020 erfolgte gerade noch rechtzeitig, bevor das Coronavirus die Wirtschaft in den zweiten Lockdown trieb.

Das Geschäftsmodell von Airbnb basiert auf einer robusten Reise- und Tourismusbranche und die hat Corona ganz besonders im Würgegriff. Statista schätzt, dass der Tourismus im Jahr 2020 aufgrund der nachteiligen Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie um 42% zurückgegangen ist. In Deutschland lagen im ersten Halbjahr 2021 die Hotelübernachtungen noch um 39% unter dem Wert von 2019 – ein herber Niedergang, aber schon wesentlich besser als im Vorjahr, als Corona das Übernachtungsgeschehen noch wesentlich massiver ausgebremst hatte.

Die Erfolge der Impfkampagne haben die Reistätigkeit wiederbelebt und machen Hoffnung auf eine weitere Normalisierung im Rest des Jahres und natürlich für die Reisesaison 2022. Airbnb wird hier zu den großen Profiteuren gehören. Der Aktienkurs hatte sich nach einer Zwischeneuphorie im Frühjahr, wo er an die €200-Marke heranlief, wieder Richtung €100 aufgemacht und ich habe Mitte August bei €120 zugegriffen. Inzwischen nimmt der Kurs die €150 ins Visier.

Operative Entwicklung

Das Geschäft von Airbnb war im zweiten Quartal 2020 stark eingebrochen, als weltweit Ausgangssperren verhängt und so gut wie alle Reisen eingestellt wurden. Die negativen Auswirkungen auf die Freizeit- und Reiseindustrie im letzten Jahr hat das Geschäft von Airbnb stark zurückgeworfen, aber im zweiten Quartal 2021 erlebte die Buchungsplattform ein starkes Comeback. Mit zunehmenden Lockerungen der Corona-Beschränkungen verzeichnete Airbnb ein Wachstum bei allen wichtigen Kennzahlen seines Buchungsgeschäfts. Der Bruttobuchungswert, also die Summe der über die Plattform verarbeiteten Dollarbeträge, stieg im Jahresvergleich um 319% auf $13,4 Mrd. Gegenüber dem ersten Quartal 2021 war dies ebenfalls eine deutliche Steigerung und zwar um 30%.

Die Zahl der gebuchten Übernachtungen verdreifachte sich annähernd im Vergleich zum Vorjahr auf einen Rekordwert von $83,1 Mio. Dabei sind das dritte und vierte Quartal für die Reisebranche und damit auch für Airbnb aufgrund der Häufung von Feiertagen die geschäftigste Zeit des Jahres. Umso erfreulicher sind daher die starken Erholungstendenzen aus den ersten beiden Quartalen, so dass mit einer weiteren Belebung in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen ist.

Quelle: wallstreet-online.de
Die sich aufhellenden Perspektiven dank des Reiseaufschwungs erreichten auch den Ergebnisbereich. Die Plattform erwirtschaftete im zweiten Quartal einen Umsatz von $1,34 Mrd. und damit das Vierfache des Vorjahrswerts, als Umsatz und Cashflow aufgrund der Pandemie unterdrückt wurden. Da im letzten Quartal wieder mehr Buchungen auf der Plattform eingingen, verbesserte sich auch die Rentabilität merklich.

Die EBITDA-Marge ist nach zwei Negativ-Quartalen wieder in den grünen Bereich vorgedrungen. Dabei wurde ein Free Cashflow von $784 Mio. erzielt bei einer Free Cashflow-Marge von 59%. Airbnb ist unterm Strich noch nicht profitabel, aber der Verlust konnte im zweiten Quartal um 90% verringert werden.

Der starke Cashflow hat auch Folgen für die Liquidität, die auf $5,7 Mrd. anwuchs; $3,5 Mrd. Dollar hatte man im Zuge des IPOs eingesammelt. Noch beeindruckender ist die Netto-Cash-Position von $5,5 Mrd., denn das ist der Betrag an verfügbaren Barmitteln und Wertpapieren, der Airbnb verbleiben würde, wenn das Unternehmen seine gesamten Schulden sofort tilgen würde.

Mit anderen Worten: Airbnb steht finanziell sehr solide dar und es fließt so viel Geld in die Kasse, dass hieraus weitere Investitionen und Expansionsschritte finanziell abgesichert sind. Alternativ könnte Airbnb auch irgendwann anfangen, Dividenden zu zahlen oder massiv eigene Aktien zurückkaufen. Und das, obwohl die Reisebranche noch auf Sparflamme läuft. Stark!

Bewertung

Diese Stärke und Solidität bleibt natürlich auch dem Markt nicht verborgen. Im Bergleich zu den Wettbewerbern ist Airbnb daher relativ hoch bewertet. So kam Airbnb bei meinem Einstieg auf ein Kurs-Umsatz-Verhältnis von 12,6, während Booking Holdings bei 5,7 lag, TripAdvisor bei 3,3 und Expedia bei 1,9. An den Verhältnissen hat sich nichts geändert, nur dass mit dem Kursanstieg der letzten Wochen sich das Bewertungsverhältnis weiter nach oben verschoben hat. Andererseits liegt das dritte Quartal nun hinter uns und demnächst stehen aktualisierte Zahlen an.

Meine Einschätzung

Trotz starker Erholung ist die Reisebranche von Normalität noch weit entfernt. So ist der grenzüberschreitende Reiseverkehr noch immer noch erheblich eingeschränkt und viele Länder, wie auch die USA selbst, lassen internationale Besucher noch immer nicht einreisen oder unter umfangreichster Quarantänevorschriften. Kein Wunder, dass viele Menschen deshalb weiterhin auf Reisen verzichten.

Durch die steigende Zahl an Geimpften und Genesenen und den damit einhergehenden Lockerungen wird die Zahle der Reisenden aber stetig zunehmen und damit auch die Nachfrage bei Airbnb steigern. Inzwischen gibt es sogar erste Hoffnung auf ein Corona-Medikament (von Merck & Co.), das eine erfolgreiche Behandlung von Erkrankten verspricht. Auch das wird Corona den Schrecken weiter nehmen.

Airbnb ein Disruptor, der den Markt aufmischt. Man verdient an beiden Seiten mit, bei den Gästen als auch bei den Hauseigentümern im Airbnb-Netzwerk. Im Gegensatz zu klassischen Buchungsportalen wie Expedia oder Booking spricht man vor allem Privatleute an und das saugt den Hotels die Kundschaft ab. Um weiterhin "im Spiel" zu bleiben, sind die Hotels quasi gezwungen, ihre Zimmer ebenfalls bei Airbnb anzubieten. Dieses disruptive Geschäftsmodell verdient einen satten Bewertungsaufschlag.

Allerdings fällt auch Airbnb nicht alles in den Schoß. Immer mehr Städte untersagen Airbnb die Geschäfte, weil die App dazu führt, dass viele Wohnungen nicht mehr dem regulären Wohnungsmarkt zugeführt werden und so die ohnehin angespannte Wohnungsmarktlage weiter anheizen. Das kann den Wachstumsmöglichkeiten von Airbnb einen Riegel vorschieben und im Gegenzug Booking und Expedia Rückenwind verschaffen. Airbnb ist daher bemüht, hier mit den entsprechenden Kommunen zu einvernehmlichen Lösungen zu kommen und hat hierbei auch schon Erfolge erzielt. Man gewinnt hierbei zunehmend Expertise und passt das Geschäftsmodell entsprechend an, so dass sich hieraus eine Art Routine entwickelt (hat).

Ich setze mit Airbnb auf einen disruptiven Marktführer, auf ein skalierbares Plattformmodell in einer wiedererstarkenden Branche. Der relativ hohen Bewertung stehen eine sehr solide Finanzausstattung, hohe Cashflows und enorme Wachstumsperspektiven gegenüber. Ich stufe die Aktie als "Potenzialwert" ein mit entsprechend geringer Gewichtung in meinem Depot. Das Unternehmen hat die Coronakrise sehr gut gemeistert und muss künftig beweisen, dass es auch unter normalen Bedingungen erfolgreich sein kann. Wovon ich allerdings ausgehe...

Disclaimer: Habe Airbnb auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wiki.

2 Kommentare:

  1. Finde Airbnb ist aus meiner Sicht eine sehr gemischte Investition.

    Einerseits besteht die Schwierigkeit darin, von den nachhaltigen Umsatzwachstumsraten ausreichend zu überzeugen, andererseits generiert das Airbnb-Marktplatzmodell in hohem Masse freien Cashflow.

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  2. Hallo Michael,
    Vielen Dank für deinen Artikel. Ich bin im Frühjahr aus ähnlichen Gründen wie du bei AirBnB eingestiegen. Man soll die Risiken nicht ausblenden – z.B. die gegenwärtige Bewertung, eine andauernde Zurückhaltung beim Reisen oder das zukünftige Angebot an Wohnungen –, aber ich bin langfristig vom Erfolg des Unternehmens überzeugt. In Ergänzung zu deinen Überlegungen würde ich noch die folgenden Aspekte betonen:
    (i) AirBnB erscheint hochgradig innovativ: Sie versuchen ihren Internetauftritt, ihre (ergänzenden) Dienstleistungen und ihre Effizienz ständig zu verbessern.
    (ii) Als (schon große) Plattform habe sie enorme (weitere) Größenvorteile, da mit jedem neuen Kunden oder Anbieter der Nutzen exponentiell wächst (vgl. z.B. Paypal).
    (iii) AirBnB ist schon eine Art ‚Haushaltsname‘, das heißt, es ist der Inbegriff für eine Kategorie von Ferienunterkünften und steht fast schon für eine moderne Art des Reisens.
    (iv) Im Zusammenhang damit erscheint mir AirBnB in einer sehr guten Ausgangsposition, um von zukünftigen Trends beim Reisen und Arbeiten – Stichwort digitale Nomaden – zu profitieren.
    Das alles zusammen schafft einen ‚Burggraben‘, der AirBnB von der Konkurrenz abhebt. Für mich eine Aktie zum Kaufen und Liegenlassen.

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