Donnerstag, 7. September 2023

Earnings Quickcheck H1/2023: UET verzeichnet starkes Wachstum und ist (endlich) profitabel!

In meinen "Earnings-Quickchecks" schaue ich mir die aktuellen Geschäftszahlen der Unternehmen an und unterziehe sie einem kurzen Abgleich mit meinem Investmentcase.

Die UET United Electronic Technology AG ist ja eine meiner ältesten Turnaround-Spekulationen im Depot und ich hatte sie zuletzt wegen der Aufnahme in mein Turnaround-Wiki erwähnt: "Hier habe ich mich privat bereits 2016 erstmals mit einer kleinen Position eingekauft und liege gut 350 % im Plus. Aber es ist ein sehr zäher Weg zur finanziellen Gesundung und noch immer gibt es beträchtliche Risiken. Vor einem Jahr ist die Blackstone Group zum Großaktionär geworden (23 % Anteil), allerdings wohl nicht ganz freiwillig, sondern man hatte 3,5 Mio. Aktien von Palace Park Investments Ltd übernommen, die inzwischen liquidiert wurden. Vermutlich war Blackstone dort Kreditgeber und bekam die UET-Aktien im Rahmen der Verwertung von Sicherheiten, so dass man dies nicht überbewerten sollte. Und doch mehren sich bei UET die positiven Signale".

Heute gab es nun Zahlen zum 2. Quartal und 1. Halbjahr 2023 und die können sich - wie von mir erwartet - echt sehen lassen. Und doch dürfte das erst das Ende des Anfangs sein, um Winston Churchill zu bemühen...
 
Die UET verzeichnet weiterhin starke Nachfrage nach Systemen und Dienstleistungen zum Ausbau von Kommunikationsinfrastruktur für Fest- und Mobilnetze inklusive der kritischen Infrastruktur und erzielte in den ersten sechs Monaten des Geschäftsjahres 2023 ein Umsatzwachstum von 70 %. Der konsolidierte Halbjahresumsatz der UET-Gruppe beträgt 34,352 Mio. nach 20,215 Mio. Im ersten Halbjahr 2022. Im 1. Quartal hatte der Umsatz noch bei rund 14 Mio. Euro gelegen, im 2. Quartal waren es bereits gut 19 Mio. Passend dazu steig der Auftragseingang weiter an auf 57,5 Mio. Euro zum 30. Juni 2023 nach 52,5 Mio. per Ende Dezember 2022. Für die UET-Gruppe ist dies der höchste Wert seit dem Jahr 2010.

Das operative Ergebnis vor Steuern und Zinsen (EBIT) belief sich im ersten Halbjahr auf insgesamt 3,585 Mio. Euro und konnte damit um insgesamt 5,442 Mio. Euro gegenüber der gleichen Vorjahresperiode erhöht werden, als es noch mit einem Minus von -1,857 Mio. Euro aus dem Rennen ging. Als Grund für das erfreuliche Ergebnis verweist der Vorstand auf das starke Wachstum und das abgeschlossene Projekt zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit der Lieferketten.

Für das Gesamtjahr 2023 plant die UET-Gruppe weiterhin mit einem zweistelligen Umsatzwachstum und einem positiven und im Vergleich zum Vorjahr gesteigerten operativen Ergebnis. Das klingt angesichts der bereits eingetüteten Erfolge als ordentlich tiefgestapelt. Aber... nach den vielen Jahren des Niedergangs und der Umsatz- und Ergebnisverfehlungen sind mir konservative, solide Prognosen lieber und zeigen das neue Maß an Seriosität, die die UET inzwischen zu bieten hat.

CEO Werner Neubauer kommentierte die Zahlen so: "Für das laufende Gesamtjahr sind wir sowohl in Europa als auch Lateinamerika mit Auftrags- und Ergebnisentwicklung sowie mit neuen Projekten zufrieden und haben die Investitionen in neue Technologien und Supply Chain-Kapazitäten fortgesetzt. Unsere Kunden rüsten ihre Netzwerke weiter auf. Netzwerkinnovationen mit unseren Fokusthemen Netzsicherheit, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit im Netzbetrieb nehmen in der Telekommunikationsindustrie weiterhin an Bedeutung zu."

Meine Einschätzung

Der Turnaround nimmt zunehmend Gestalt an und schlägt sich inzwischen auch in den Geschäftszahlen nieder. Die mittelfristigen Perspektiven sind positiv, der Bann von Huawei beim Ausbau der 'kritischen' Infrastruktur erhöht die Nachfrage nach den Angeboten von UET auch in Deutschland. 

Als Kritikpunkt wird zuletzt gerne die bald fällige Wandelanleihe ins Feld geführt, die vermutlich zu einer nicht unerheblichen Verwässerung führen dürfte. UET hatte Ende 2020 eine Wandelanleihe in Höhe von 3,0 Mio. Euro begeben und 'bei institutionellen Anlegern' platziert. Es waren wohl eher UET-Insider, die der UET - wie schon öfter in den Vorjahren - finanziell unter die Arme gegriffen haben. Die Wandelanleihe hat eine Laufzeit bis Ende 2023 und einen Zinskupon von 6 %. Die Mittel wurden zur Refinanzierung einer bestehenden Anleihe in selber Höhe verwendet, wodurch damals der Zinsaufwand gesenkt werden konnte - in der wirtschaftlich prekären Lage des Unternehmens war das eine willkommene Entlastung. Im Falle einer Wandlung werden je 1.000 Euro Anleihe 1.000 Aktien zum rechnerischen Nennwert von 1,00 Euro je Aktie begeben.

Quelle: wallstreet-online.de
Und genau an diesen Konditionen wird nun herumkritisiert. Denn der Aktienkurs liegt bei rund 1,70 Euro und wenn die Anleihe Ende des Jahres in Eigenkapital gewandelt wird, erhält der Anleiheinhaber Aktien im Wert von 1,70 Euro zum Preis von 1,00  Euro. Ein 'Geschenk'. Naja... eher Schmerzensgeld. Denn als die Wandelanleihe ausgegeben wurde, also Anfang 2021, stand UET finanziell am Abgrund und war nicht wirklich solvent. Kredit- und Eigenkapitalgeber gab es auf dem Hochpunkt der Corona-Pandemie kaum und schon gar nicht für wirtschaftlich stark angeschlagene Kleinunternehmen mit negativem Eigenkapital und anhaltenden operativen Verlusten. Wer damals ins Risiko ging, hat sich seine Rendite redlich verdient. Und wer immer heute bei der UET engagiert ist oder neu einsteigt, kann dies vermutlich nur, gerade weil jemand vor drei Jahren voller Risikobereitschaft Geld zur Verfügung gestellt hat, um den damals noch nicht absehbaren Turnaround zu finanzieren. In der Rückschau sieht das wie ein gutes Geschäft aus, aber beim Blick nach vorn war der Ausgang ungewiss. Und... die Aktie notierte Bekanntgabe des Deals Ende 2020 bei 0,80 Euro, also deutlich unterhalb des Wandlungspreises.

Aus meiner Sicht also kein Kritikpunkt, sondern eher ein Grund zum Applaudieren. Mit der Wandlung wird die Eigenkapitalbasis gestärkt und damit die Basis für das künftige Wachstum verbreitert. Ich denke, meine Turnaround-Spekulation UET wächst in den nächsten Jahren völlig aus dem Krisenmodus heraus und das dürfte sich auch in steigenden Aktienkurs niederschlagen. Doch eines bleibt weiterhin am meisten gefragt: Geduld.

Hinweis: UET ist ein sehr marktenger Wert; wer hier Aktien ordern möchte, sollte mit Limits arbeiten und ggf. in Blöcken kaufen/verkaufen, um den teilweise beträchtlichen Spreads auszuweichen.

Disclaimer: Habe Blackstone, UET auf meiner Beobachtungsliste und/oder in meinem Depot/Wiki.

5 Kommentare:

  1. Hallo Michael,

    UeT verfolge ich auch schon seit ein paar Jahren und bin auch dort investiert. Ich bin von der Geschäftsführung beeindruckt wie sie es geschafft hat das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen!
    Aus meiner Sicht spiegelt der Kurs bei weitem nicht den Wert des Unternehmens. Aus meiner Sicht ein guter Zeitpunkt um einzusteigen oder um nachzukaufen!

    Gruß
    Stefan

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  2. Hr Neubauer war und ist ein großer Aktionär. Genauso aktionärsfreundlich war auch in den letzten Jahren die Strategie. Jetzt ist der Knoten geplatzt. Gratuliere!

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  3. Hallo Michael,
    seit Mitte Dezember fallen die Kurse, obwohl die positive Geschäftsentwicklung anhält. Das Verkaufsvolumen bei Xetra lag in der Zeit im Bereich von bis zu 20k Stück an einzelnen Tagen. Ein Verkauf der Aktien aus der Wandelanleihe wird das wohl nicht sein, das hätte man am Kurs deutlich gemerkt.
    (So etwas findet im Bereich mehrerer hunderttausend Stück wohl eher direkt zwischen zwei Parteien statt, oder?).

    Wenn ich mir das Xetra-Orderbuch ansehe, ist ein mäßiger Verkaufsdruck im Bereich bis und ein großer ab 1,5€ vorhanden. Eine gestreute Nachfrage nach Aktien mit in Summe 20k Stück besteht auf Käuferseite bis zur Marke von einem Euro. Für mich sieht die Historie so aus, dass ein mittelgroßer Akteur alle paar Tage ein Paket von 20k Stück verkauft und bei höheren Kursen Verkauf-Limits gesetzt hat. Meine naive Schlussfolgerung ist, dass der Kurs weiter nach unten tendieren wird und viele Schnäppchenjäger die Chance nutzen werden. Ich reihe mich mal im 1,2er-Bereich ein, versuche nachzukaufen und so meinen Einstand zu verbessern.
    Irgendwann werden ja alle Aktien verkauft sein und bei der bleibenden positiven Geschäftsentwicklung sollte es dann auch mal wieder nach oben gehen.

    Disclaimer: Ich habe im Grunde keine Ahnung und reime mir das nur zusammen :D

    VG
    Florian

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    1. Moin Florian,
      es gibt keine wirklichen News aus dem Unternehmen und was UET so kommuniziert hat (Forstprojekt in Afrika) kommt nicht gut an bzw. stößt auf Unverständnis. Das sorgt für Druck auf dem Kurs und fallende Kurse sorgen bei Anlegern für Zweifel, weil sie meinen, andere wären schlauer und/wüssten wüssten mehr. Bei marktengen Titeln aus dem Nebenwertesegment fehlt dann auch die Nachfrageseite und der fallende Kurs sorgt für weiter fallende Notierungen.

      Zuletzt hat "Kleiner Chef", der einen hoch frequentierten Nebenwertestrang weil wallstreet-online.de bespielt, seine UET-Aktien verkauft. Der heftige letzte Kursrutsch ist wohl auf die Panikverkäufe seiner vielen Follower zurückzuführen.

      Wie es weitergeht mit Unternehmen und Kurs wird die Zeit zeigen. Ich bin mir bzgl. des Afrika-Projekts auch unsicher, inwieweit sich das auszahlt. Vielleicht gibt es dazu irgendwann mal handfeste Infos (und Zahlen)...

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    2. Oha, ich habe mir den "Kleinen Chef" und das Forum mal angesehen. Mir war diese Welt dort gar nicht bekannt, und du bist da auch aktiv :D
      Die Inhalte der Diskussionen dort bringen dir also einen Mehrwert in Form von Ideen und kritischen Einschätzungen?
      Witzig, dass dort auch über das Orderbuch geredet wird. Ich dachte schon, eine ganz tolle Idee zu haben, wenn ich mir das einmal ansehen ...

      Zum Afrika-Projekt: Das ist eine waghalsige Spekulation seitens des Managements. Chancen liegen in der Generierung von Knowhow bzgl. des Betriebs von großen 5G-Netzen und dem Angebot, CO2-neutrale Technik verkaufen zu können. Wenn das mit der Wiederaufforstung funktioniert, können sie seriös die CO2-Neutralität gegenüber ihren Kunden gewährleisten, da diese nicht auf dubiose Zertifikate aus Afrika und Südamerika zurückgreifen müssen, welche i. d. R. mehr Schein als Sein sind. Das wäre ein Pfund. Aber die Fragen, ob sie als Technologieunternehmen in der Lage sind eine Forstwirtschaft in Afrika erfolgreiche zu betreiben und ob es sooo viele private Akteure gibt, die 5G-Netze im Ausmaß von Großstädten brauchen, kann ich nicht beantworten.

      Ich habe nur Spielgeld in der Aktie und spekuliere darauf, dass das Kerngeschäft sich weiter gut entwickelt und dieser Ausflug ins Grüne im Worst Case zu einer deftigen Abschreibung führt.
      Mal schauen ...

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